Dokument Nr. 9:
Der Artikel 264 des schweizerischen Strafgesetzbuchs mit dem Randtitel „Völkermord“ (in Kraft seit dem 15. Dezember 2000) 1. Mit lebenslänglichem Zuchthaus oder mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren wird bestraft, wer, in der Absicht, eine durch ihre Staatsangehörigkeit, Rasse, Religion oder ethnische Zugehörigkeit gekennzeichnete Gruppe ganz oder teil-weise zu vernichten: a. Mitglieder dieser Gruppe tötet oder auf schwerwiegende Weise in ihrer körperlichen oder geistigen Unversehrtheit schädigt; b. Mitglieder der Gruppe Lebensbedingungen unterwirft, die geeignet sind, die Gruppe ganz oder teilweise zu vernichten; c. Massnahmen anordnet oder trifft, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; d. Kinder der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt oder überführen lässt. 2. Strafbar ist auch der Täter, der die Tat im Ausland begangen hat, wenn er sich in der Schweiz aufhält und nicht ausgeliefert werden kann. Artikel 6 bis Ziff. 2 ist anwendbar. 3. Artikel 366 Absatz 2 Buchstabe b, die Vorschriften über die Verfolgungsermächtigung nach den Artikeln 14 und 15 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1959, sowie die Artikel 1 und 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1934 über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft sind für den Tatbestand des Völkermordes nicht anwendbar. Kommentar: |
Das Rückwirkungsverbot soll bewirken, dass Art. 264 StGB auf Tatbestände, die vor dem 15. Dezember 2000 begangen wurden, nicht angewendet werden kann. Wie schon bei der Einführung des Verjährungsverbots für Verbrechen gegen die Menschlichkeit (mit Art.75bis) haben die Schweizer Gesetzgeber mit diesen nationalen Verjährungsklauseln für nach universellen Rechtsprinzipien unverjährbare Verbrechen Versuche weiter erschwert, die Verantwortlichen der objektiven und subjektiven Tatbestände des Völkermords gegenüber der Gruppe der Schweizer Jenischen gemäss diesen Bestimmungen ins Recht zu fassen. Das ist bislang denn in der Schweiz auch nicht geschehen, und es fehlen auch richterliche Entscheide anderweitiger oder internationaler Tribunale betreffend diese Tatbestände und deren rückwirkende Ausschliessung von juristischer Beurteilung durch solche Klauseln. Alle Verfahren betreffend Völkermord, die bislang in der Schweiz eingeleitet wurden, betrafen Taten und Täter des Auslands, die allerdings teilweise in der Schweiz lebten. |
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