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Dokument Nr. 10
Auszüge aus: "Über die Bekämpfung der Vagantität in der Schweiz". Vortrag von Dr. Alfred Siegfried, Leiter der Abteilung "Schulkind" des Zentralsekretariates Pro Juventute. Gehalten in der Cadonaufonds-Kommission Pro Juventute am 9. Juli 1943 in Zürich


Kommentar:
Dr. Alfred Siegfried (1890-1972) gründete 1926 das "Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse" der Stiftung Pro Juventute und leitete es bis 1959 selber. Dieses so genannte "Hilfswerk" wurde von 1930 bis 1967 vom eidgenössischn Bundesstaat subventioniert und arbeitete eng mit Kantonen und Gemeinden zusammen. Der studierte Romanist Alfred Siegfried war 1923 wegen pädophilen Umgangs mit einem Schüler als Gymnasiallehrer für Französisch in Basel entlassen, psychiatrisch begutachtet und zu drei Monaten Haft bedingt verurteilt worden. Die Behörden vereinbarten Stillschweigen über diese Vorgänge. Wenig später wurde er von der Pro Juventute in Zürich als Leiter der "Abteilung Schulkind" angestellt. Als Chef des "Hilfswerks für die Kinder der Landstrasse" war Siegfried Vormund über Hunderte von jenischen Kindern, die ihm wegen des Verbots von Kontakten zu ihren Eltern und Verwandten völlig ausgeliefert waren. Wie Siegfried in diesem Vortrag selber sagt, zielte sein Vorgehen darauf, "den Verband des fahrenden Volkes zu sprengen" (S.2) und die jenischen Kinder ausserhalb ihrer Gruppe "in einfachen, aber tüchtigen Familien" (S.5) sowie in Anstalten zu platzieren. Siegfried schrieb auch (S.11): "Die durch sorgfältige Überwachung und Führung erreichte Verhinderung von unbesonnenen Heiraten und der dadurch eingetretene Rückgang der Geburten darf füglich als ein Erfolg gedacht werden". Die Auseinanderreissung der jenischen Familien begründete Siegfried damit, sie seien "gesellschaftsfeindlich", "amoralisch" und "asozial" (S.1). Weggelassen ist jener Teil des Vortrags, in dem sich Siegfried zu einzelnen seiner Mündel äussert (S.6-9). 1964 publizierte Siegfried in Zürich sein Buch "Kinder der Landstrasse", das ähnliche Überlegungen und ausführliche Darstellungen von Lebenläufen seiner Mündel, bilanziert nach "Erfolgen" und "Versagern". Dank Protesten in der Öffentlichkeit, vor allem dank einer eindringlichen Artikelserie von Hans Caprez in der Zeitschrift "Der schweizerische Beobachter" zwischen 1971 und 1972, wurde das "Hilfswerk" ab 1973 schrittweise aufgelöst.
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